Billig oder den Preis wert?

Billig oder den Preis wert?

Kürzlich war im Landboten zu lesen, dass Schweizer Einkaufstouristen die Läden in den grenznahen Städten förmlich gestürmt hätten. Weil Deutschland den Kanton Zürich als Risikogebiet eingestuft hatte, bestand die Befürchtung, man könne bald nur noch mit einem negativen Corona Test zum Einkaufen nach Deutschland fahren. Das Chaos war perfekt, in Jestetten habe es bereits vor dem Ortseingang einen kilometerlangen Stau gegeben.

Die ganze Aufregung war aber umsonst. Baden- Württemberg erliess schnell eine Notverordnung, welche eine Einreise in Deutschland für 24 Stunden ermöglicht.  Ein wichtiges Motiv für das Einkaufen im Nachbarland sind sicher die tieferen Preise. Es stimmt, dass gewisse Produkte sehr viel billiger sind, auch solche, die in der Schweiz hergestellt werden. Ich verstehe es, wenn Leute, die mit einem bescheidenen Haushaltsbudget auskommen müssen, die Möglichkeit nutzen im nahen Ausland einzukaufen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Ansturm nur von diesen ausgelöst wurde.  Vor der Grenzschliessung wegen der Pandemie im Frühling waren die Einkaufstouristen in den Nachbarstädten verpönt. Die Schweizer überfluten die Städte, seien unhöflich und nerven mit ihren Ausfuhrscheinen. Während des Lockdowns brachen die Umsatzzahlen der grenznahen Geschäfte ein. Dafür konnten Detailhändler und Hofläden in der Schweiz aufatmen. Sie hatten alle Hände voll zu tun, um die ungewohnt starke Nachfrage zu erfüllen. Bioprodukte waren plötzlich sehr gefragt. Schade, dass es eine Grenzschliessung braucht, damit die Menschen hier einkaufen. Man müsste sich neben dem tieferen Preis auch überlegen, welche Vorteile der Einkauf in der Region oder im eigenen Dorf bietet. Die Geschäfte in der Schweiz bieten nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Lehrstellen und sie sind, wie wir erlebt haben, für die Versorgung in einer Krise systemrelevant. Ob unsere Geschäfte in der nächsten Krise auch noch existieren liegt an jedem Einzelnen. Arbeitgebende und Arbeitnehmende bezahlen hier Steuern, welche gebraucht werden für Aufgaben, die das Gemeinwesen für uns erfüllt. Ist die Ersparnis wirklich so gross, wenn wir die Fahrkosten, den Zeitaufwand und den Kaffeehalt mit einberechnen? Wie verhält es sich mit der CO2- und Lärm-Belastung durch diese Fahrten? Und kaufen wir letztendlich nicht mehr als wir brauchen, nur weil es billiger ist und wir gerade da sind?  Ich bin überzeugt, dass auch in der Schweiz preiswertes Einkaufen möglich ist, indem wir gezielt das kaufen, was wir gerade brauchen und Aktionen, die auch hier regelmässig angeboten werden, berücksichtigen. Dabei sparen wir Zeit, Fahrkosten und können gleichzeitig soziale Kontakte pflegen.

 

Maja Müller

Co Präsidentin EVP Bezirk Andelfingen